Für den 22. Oktober hatte ein Bündnis „Solidarischer Herbst“ von ver.di, GEW und staatstragenden Nichtregierungsorganisationen wie Campact, attac, Finanzwende, BUND und Greenpeace zu sechs Demonstrationen in Berlin, Dresden, Düsseldorf, Hannover, Stuttgart und Frankfurt am Main aufgerufen. Das Motto: „Solidarisch durch die Krise – soziale Sicherheit schaffen und fossile Abhängigkeiten beenden“.

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Das Motto: „Solidarisch durch die Krise – soziale Sicherheit schaffen und fossile Abhängigkeiten beenden“ versprach weder Kampfgeist noch klare Positionierung gegen den von beiden Seiten imperialistischen Ukrainekrieg, gegen die Vorbereitung eines Dritten Weltkriegs, den eine Führungsrolle beanspruchenden BRD-Imperialismus und die Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten auf die breiten Massen.  Im Vorfeld der Demonstration gingen Opportunismus und Sozialchauvinismus der Veranstalter so weit, dass sie linke Kritik am Kriegskurs der Regierung unterdrücken wollten. Das ist ihnen jedoch nicht gelungen.

Düsseldorf: Breiter Protest gegen den Krisen- und Kriegskurs der Regierung

5000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zählte die Demo „Solidarischer Herbst – Soziale Sicherheit schaffen – Energiewende beschleunigen!“ in Düsseldorf am Samstag, den 22.10.22. Aufgerufen hatten die DGB-Gewerkschaften ver.di, IG BAU, GEW und NGG (Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten), sowie verschiedene NGO's  wie attac, campact oder Umweltverbände wie BUND oder Nabu. 24.000 Menschen (laut ver.di) demonstrierten bundesweit.  Die Veranstalter griffen damit das Bedürfnis auf, dem Krisen- und Kriegskurs von Monopolen und Staat den Kampf anzusagen. Aber: Der Protest sollte in regierungsfreundliche Bahnen gelenkt, die "Gesellschaft vor dem Auseinanderbrechen gerettet werden." Eine Gesellschaft, die nichts anderes ist als die Diktatur des alleinherrschenden internationalen Finanzkapitals, soll also vor dem Auseinanderbrechen gerettet werden.

Dem konnte die Masse der Demonstrationsteilnehmer nichts abgewinnen. Neben vielen sozialen Forderungen, Rufen nach „Löhne rauf, Mieten runter“, waren doch im gesamten Demozug Parolen und Schilder zu sehen, die ein Ende der Waffenlieferungen und Kampfhandlungen sowohl von NATO als auch Russland forderten, die vor der Gefahr eines Dritten Weltkriegs warnten und sich gerade nicht dem sozialchauvinistischen Kurs der Initiatoren dieser Demos anschließen wollten. Breiten Raum nahmen auch viele Umweltforderungen ein: Stopp der Kohleverbrennung, des AKW-Betriebs, „Lützi bleibt!“, sofortiger Ausbau regenerativer Energien. Die antikommunistische und diffamierende Hetze im Vorfeld, dass „linksextreme Putin – Versteher“ nichts auf den Demos verloren hätten, ging ins Leere. Es waren sehr viele linke Organisationen und Parteien vertreten, die es sich nicht nehmen ließen, ihre Positionen zu vertreten.

MLPD, REBELL und Internationalistisches Bündnis bildeten innerhalb der Demo einen deutlich sichtbaren und attraktiven Block, besonders auch mit ihrem offenen Mikrofon. Es wurde gerne und oft benutzt für Wortmeldungen aus der Demo, von verschiedensten Rednerinnen und Rednern – Umweltkämpfern, Aktivisten von Widerstandsgruppen gegen einen Dritten Weltkrieg, Gewerkschaftern usw.. Ein wichtiger Gedanke, der auch in der Demo aufgegriffen wurde, war der Vorschlag eines europaweiten Kampf- und Streiktages gegen den Krisen- und Kriegskurs der Monopole, der EU und der verschiedenen Regierungen. Insgesamt war es ein Ringen, ob sich dieser Kurs durchsetzt oder die sozialchauvinistische Richtung ihren Einfluss verstärkt, was von den offiziellen Rednern  von ver.di und der NGG auf der Abschlusskundgebung noch einmal massiv betrieben wurde. Was allerdings zu Teilen mit Buh-Rufen quittiert wurde. Freunde und Genossen der MLPD konzentrierten sich darauf, bewusstseinsbildende Literatur und Zeitschriften unter den Demonstrierenden zu verbreiten, was Dutzende von Gesprächen ergab.

Hannover: Antikommunistische Ausgrenzung funktioniert nicht

Während die Redner in der mit 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern eher schwach besuchten Kundgebung ihr Heil mal feurig reformistisch, mal eher weichgespült versuchten, an die Teilnehmer zu bringen, einte wohl die Mehrheit weniger die Hoffnung auf eine Zivilgesellschaft, die vielfältig von der Bühne beschworen wurde, als die Sorge um die Entwicklung der Lebensverhältnisse und die Kriegsgefahr. Darauf bekamen sie allerdings vom Podium wenig aufklärende Worte. Hier war bei grundsätzlicher Anerkennung des Regierungsprogramms das „Nachjustieren“ der Schlüsselbegriff.

Trotz der ausdrücklich antikommunistischen Ausgrenzung, der Wiederholung des Parteienverbots vom Podium, war die Mehrheit der Anwesenden nicht damit einverstanden. Rund 500 ZK Aufrufe fanden interessierte Abnehmerinnen und Abnehmer, das Rote Fahne Magazin mit der kecken Karikatur traf doch den Punkt und wurde gerne gekauft. Und es gab eine Reihe von Eintragungen für den Aufbau einer neuen Friedensbewegung. Das lag sicher auch daran, dass der Mehrheit der Teilnehmer an Klarheit und nicht an weiteren Nebelkerzen gelegen war. Es ist doch auch unverständlich, wenn das Podium unter „Kampf“ versteht, Ruf der Straße müsse durch die Politik erhört würde.

In den Gesprächen mit den Demonstrationsteilnehmerinnen und -teilnehmern, die oft sehr tiefgehend waren und viele Aspekte umfassten, wurde auch Bewunderung ausgedrückt, wie die Genossen der MLPD so viel Zuversicht ausstrahlen können. Diese Protestbewegung kam auch vor Beginn durch einen Demonstrationszug durch die Hannoveraner Einkaufspassage zum Ausdruck in der verschiedene Kräfte wie die ATIF, MLPD oder SDAJ und anderer. So wurde zumindest im Zentrum der Stadt in Bahnhofsnähe Aufmerksamkeit auf den Protest gegen Kriegsgefahr und Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten erregt, während der Kundgebungsplatz doch eher abgelegen war.

Ein heißer Herbst braucht schon noch einiges mehr. Vor allem muss sich die Arbeiterbewegung selbstbewusst gegen antikommunistische Vorbehalte und staatstragende Rücksichten durchsetzen.