Die Neue Züricher Zeitung (NZZ) bezeichnet den Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL), Claus Weselsky, als „Extremisten“ und spricht am 4. März von einer „unverfrorenen Ausnutzung des Streikrechts“ durch die GDL.

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Ein „Politologe und Gewerkschaftsexperte“ Wolfgang Schroeder, meint, „bei den aktuellen Streiks in der kritischen Infrastruktur müsse man überlegen, ob es noch angemessen sei, die Kunden und Nutzer derart in Geiselhaft zu nehmen“. [1] Und CSU-Generalsekretär Martin Huber hat der GDL nach der Ankündigung neuer Bahn-Streiks „in scharfen Worten einen Missbrauch des Streikrechts vorgeworfen. [2]

Was ist geschehen?

Die Lokführer der GDL haben von ihrem Recht Gebrauch gemacht, nach vier Wochen Schlichtung zwischen GDL und Deutscher Bahn (DB) den Schlichtervorschlag abzulehnen, weil die angebliche „enormen Zugeständnisse“ der DB kein Entgegenkommen zeigen und bei näherer Betrachtung oftmals sogar eine Verschlechterung des Stands wären. Deshalb hat GDL-Chef Weselsky das Scheitern erklärt.

Nun steht ein 35-Stundenstreik im Personenverkehr ab Donnerstag, 7.3.24, 02:00 Uhr an: „Die Forderungen der GDL nach einer 35-Stunden-Woche hat der Bahnvorstand bis heute scheinbar nicht verstanden. Aus diesem Grund wird die GDL dem Management der DB diese Zahl ins Gedächtnis rufen – wenn es sein muss, immer und immer wieder. [3]“, erklärt die GDL selbstbewusst.

Was bringt die Herrschaften so in Rage? Die GDL kündigt die bisherige stillschweigende Übereinkunft auf, Streiks 48 Stunden vorher anzukündigen. Ein Kommentator jammert: „Weselsky bricht auf diese Weise endgültig mit allen Konventionen des Arbeitskampfes bei der Bahn.“ [4] 

Die Arbeiterbewegung tritt verstärkt auf den Plan

Zugleich streikt zum Wochenende bei der Lufthansa das Bodenpersonal. Auch im Öffentlichen Nahverkehr gibt es Streiks und Aktionstage für Arbeitszeitverkürzung und Inflationsausgleich. Warnstreiks auch im Rahmen der Tarifrunde bei der Postbank.

In der Automobil- und Zulieferindustrie steht massive Arbeitsplatzvernichtung an, als Antwort auf den verschärften Konkurrenzkampf und weltweite politische Spannungen unter den Imperialisten. BASF kündigt Stellenstreichungen in Deutschland an, weil das der einzige Standort sei, der nicht genügend Profit abwirft. Die Abwälzung der Krisenlasten durch Staat und Monopole auf die Arbeiterklasse und die Masse der Bevölkerung wird mit breiten gewerkschaftlichen und teilweise mit selbständigen Kämpfen beantwortet. Beim Verdi-Aktionstag am 1. März in Stuttgart berichtete ein Kollege, dass viele Mitglieder für die Ausdehnung ihres Streiks seien. Die MLPD begrüßt diese Streiks und unterstützt sie ausdrücklich: „Es ist wichtig, dass das Streiken wieder mehr Schule macht. Immerhin sind schon 500.000 Arbeiter seit Anfang des Jahres in den Streik getreten.“ [5]

Nach dem gemeinsamen Streik- und Aktionstag von ver.di und Fridays for Future gibt es weitere Solidarität zwischen verschiedenen kämpfenden Belegschaften wie hier: Streikende Lufthansa-Beschäftigte haben ein Solidaritätsvideo an die streikenden Kolleginnen und Kollegen im ÖPNV auf Instagram online gestellt: Hier ist es.

Hetze soll spalten und dient dem Abbau demokratischer Rechte

Die NZZ, die sich gerne als Schulmeister gegenüber der deutschen Politik aufspielt, fordert eine Einschränkung des Streikrechts und konstruiert ein abstruses  „Versagen deutscher Gerichte“, die ein Ausufern von Streiks erst ermöglicht hätten. Tatsächlich besteht in Deutschland kein eigenständiges Streikrecht. Es wird aus dem Koalitionsrecht abgeleitet und wird in sehr engen Grenzen nur Gewerkschaften zugestanden. Da sich diese „Konventionen“ zunehmend abnutzen, soll jetzt das Streikrecht weiter ausgehöhlt werden: „Deshalb sollten Streiks gerade bei kritischer Infrastruktur mit entsprechendem Vorlauf angekündigt werden müssen, sie müssten zeitlich begrenzt sein, und es müsse vorab ein – wenn auch erfolgloses – Schlichtungsverfahren stattgefunden haben,“ fordert CSU-Generalsekretär Huber.

Für ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht!

Die offensive Antwort auf rechte Hetze, Spaltung und Versuche zum Abbau von Arbeiterrechten ist die Forderung nach der Verankerung eines eigenständigen Streikrechts: Für ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht. Das erfordert eine breite Arbeitereinheit, über Branchen- und Gewerkschaftsgrenzen hinweg. Jeder Gewerkschafter ist herausgefordert, die Solidarität mit der GDL zu praktizieren und die Einheit herzustellen zur Verteidigung und Erweiterung unserer demokratischen Rechte und Freiheiten.


Quellen & Links

[1] www.rnd.de 4.3.24

[2] www.t-online.de 4.3.24

[3] www.gdl.de 4.3.24

[4] Florian Schmidt  www.t-online.de 4.3.24

[5] https://www.rf-news.de/2024/kw10/240305-pm-mlpd-die-arbeiterbewegung-tritt-auf-den-plan.pdf