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Über Nacht wurde zwischen dem Arbeitgeberverband und der Führung der IG-Metall im Stahlbereich abgeschlossen. „Nach neun Stunden Verhandlung in der Tarifrunde der nordwestdeutschen Eisen- und Stahlindustrie wurde in der Nacht ein Verhandlungsergebnis erzielt. Demnach steigen die Entgelte und Ausbildungsvergütungen ab dem 1. August 2022 um 6,5 Prozent. Für die Monate Juni und Juli 2022 wurde eine Zahlung von insgesamt 500 Euro vereinbart. Die Auszubildenden erhalten 200 Euro. Die Laufzeit des Tarifvertrages beträgt 18 Monate und endet am 30. November 2023“ - so die IG-Metall-Führung NRW in einer Pressemitteilung vom 15. Juni.

IG-Metall-Bezirksleiter Knut Giesler lobt: „Das ist die höchste prozentuale Erhöhung in der Stahlindustrie seit 30 Jahren“ und es liegt deutlich über Abschlüssen in anderen Branchen. Dieses Verhandlungsergebnis ist auf jeden Fall ein Zugeständnis an die große Kampf- und Streikbereitschaft in den Stahlbetrieben. Es zeigt auch, was an Lohnsteigerungen herausgeholt werden könnte, wenn hart gekämpft wird! In den Medien wurde auch darauf hingewiesen, dass der Abschluss erfolgte, aus Angst, dass es sonst zu einem "harten Streik" kommt.

 So wurde aus Duisburg berichtet: „Bei den zweiten Warnstreiks in der Stahltarifrunde haben die Kolleginnen und Kollegen bei thyssenkrupp Steel Duisburg-Hamborn und -Beeckerwerth für zwei Stunden alle Auto- und LKW-Tore blockiert. Diese Torblockade war verbunden mit dem Herunterfahren der Produktion. Fast alle Anlagen standen still. Über 1500 Kollegen haben die Verantwortung für die Schließung der Tore in ihrer Nähe übernommen. ... die Schichten sammelten sich, marschierten zu den Toren und besetzten sie.“ Kollegen berichteten, dass an allen Toren die Stimmung auf Streik stand: „Wenn die 8,2 Prozent auf zwölf Monate nicht durchgesetzt werden.“

Auch in den anderen Stahlbetrieben wurde der zweite Warnstreik erfolgreich durchgeführt, was die Kraft der Stahlarbeiter zeigte. Bei Streikversammlungen an verschiedenen Toren von tkse Duisburg wurde auch der Zusammenhang hergestellt, dass mit dem Krieg in der Ukraine und den Rüstungsmilliarden die Stahlkonzerne ihre Profite massiv steigern konnten. Ein Streik der Stahlarbeiter wäre ein wichtiges Zeichen gegen die Gefahr eines III. Weltkrieges und gegen die Abwälzung der Kriegslasten auf die Arbeiter. Hinzu kam die Diskussion dass die Arbeiter ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht in Deutschland brauchen. Gerade auch um gegen Schließungen wie bei Vallourec oder die Abwälzung der Krisenlasten zu streiken.

Diese Tarifrunde wurde zunehmend hochpolitisch und das erhöhte den Druck auf den Arbeitgeberverband Stahl, zu einem Verhandlungsergebnis zu kommen. Das provokative Angebot in der dritten Verhandlungsrunde von 4,7 Prozent auf 21 Monate war so nicht mehr haltbar. Doch ohne Einsatz der vollen gewerkschaftlichen Kampfkraft, die sich in der Streikbereitschaft ausdrückte, ist das Ergebnis zugleich ein fauler Kompromiss. Damit können die Stahlarbeiter nicht zufrieden sein: Gerechnet auf zwölf Monaten sind die 6,5 Prozent für 18 Monate gerade mal eine Bruttolohnerhöhung von 4,6 Prozent - weit unter der offiziellen Inflationsrate und noch weiter unter der tatsächlichen, die bei mindestens 15 Prozent liegt! Deshalb wird es jetzt kritisch in den Belegschaften und in der IG Metall diskutiert. Das Verhandlungsergebnis muss abgelehnt werden.

Das Ergebnis unterstreicht, dass der Kampf für Lohnnachschlag auf der Tagesordnung steht: Alleine schon wegen der niedrigen Abschlüsse der letzten Tarifrunden haben die Kolleginnen und Kollegen im Stahlbereich weniger Lohn. Die reale Inflation würde selbst bei voller Durchsetzung der Tarifforderung nicht ausgeglichen – und für die nächsten Monate sind weitere Preissteigerungen im Energiesektor und vor allem bei Nahrungsmitteln, Mieten usw. angekündigt. Die Erfahrungen bei den Warnstreiks und die teils intensiven Auseinandersetzungen unter den Kollegen, die Solidarität von der MLPD – das sind gute Voraussetzungen, um für Lohnnachschlag selbständig organisiert und "hart" zu streiken. 

(Quelle: Landesleitung MLPD NRW)