Es gärt auf den Höfen. Die Unzufriedenheit unter der Masse der Bauern über die Agrarpolitik wächst. "Jetzt muss gehandelt werden", ist eine verbreitete Stimmung unter ihnen. Tausende von der Agrarpolitik der Bundesregierung betroffene Klein- und Mittelbauern wollen demonstrieren. Zielscheibe des Protestes ist die Bundesregierung.

Zorn über die Düngeverordnung

Zurecht entlädt sich der Zorn über die Düngeverordnung. Sie wurde 2017 eingeführt und jetzt erneut überarbeitet. Bei den Bauern und allen Sachkundigen ruft sie nur Kopfschütteln hervor. Angeblich soll sie zu hohe Nitratwerte absenken, die in vielen Regionen, insbesondere dort, wo intensive Tierhaltung stattfindet, auftreten. Gleichzeitig sollen auch die Ammoniakemissionen reduziert werden.

Das ist unbedingt notwendig. Aber man könnte es ganz anders machen. Die hauptsächliche Ursache für die Nitratbelastung stammt nicht von kleinen und mittleren Betrieben, sie stammt aus der industriellen Massentierhaltung, vor allem mit Schweinen und Geflügel. Diese wurde erst möglich durch die Abschaffung der Flächenbindung mit einer Begrenzung auf zwei Großvieheinheiten je Hektar und Betrieb durch die EU-Kommission.

Dadurch konnten Großinvestoren und Lebensmittelkonzerne direkt in die Massenproduktion einsteigen, ohne überhaupt Fläche zu haben. Die Entwicklung in der Milchviehhaltung geht in die gleiche Richtung, steht aber noch am Anfang. International werden bereits von Molkereien Ställe mit 3.000 Kühen und mehr errichtet.

Viele Betriebe würden es gerne anders machen. Schweinehalter probieren zum Beispiel neue Ställe mit Stroheinstreu aus. Die Haltung von Schweinen auf Stroh lässt sich heute rationell durchführen. Sie würde sowohl dem Tierwohl dienen, die Trennung von Kot und Harn würde aber auch die Ammoniakemissionen senken, die Trockenvergasung von Stroh und Kot würde wertvollen Kompost erzeugen. Dieser könnte sehr viel Torf in Garten- und Blumenerde ersetzen. Im Moment wird dafür noch massiv Torf abgebaut. Das wiederum erhöht immense CO2-Ausgasungen, zerstört wertvolle Biotope und schädigt die Artenvielfalt.

Dienstleisterin der Agrarkonzerne

Mit ihrer Politik agiert die Bundesregierung dagegen im Interesse der landwirtschaftlichen Hauptprofiteure im Lebensmittelhandel und der Nahrungsmittelindustrie. Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) setzt gegenüber den Agrarkonzernen und Lebensmittel-Handelsmonopolen auf "Freiwilligkeit", statt klare gesetzliche Vorgaben zu machen, wie die Kennzeichnung von Lebensmittel usw., und Verstöße dagegen zu bestrafen.

Gegenüber den Klein- und Mittelbauern ist es mit der "Freiwilligkeit" nicht weit her. Vor allem den kleinen und mittleren Betrieben werden neue Lasten aufgebürdet. Und das bei Erzeugerpreisen, die bisher schon nicht kostendeckend sind.

Güllebehälter in Ackerbauregionen sollen gefördert werden und die Landwirte noch längere Sperrzeiten (Verbot der Gülleausbringung) als bisher einhalten. Dafür müssten sie aber ihre Güllebehälter erneut vergrößern mit entsprechenden Kosten. Die Förderung der Weidehaltung würde das entschärfen und gleichzeitig den Insekten helfen.

Das aus Südamerika eingeführte Soja-Kraftfutter mit hoher Eiweißqualität könnte zum Teil durch Anbau von Leguminosen  (Lupinen, Klee, Hülsenfrüchte) auf unseren Äckern ersetzt werden. Man kann auch sogenannte Nitrifikationshemmstoffe (verhindern die Nitratbildung im Boden) in Gebieten mit hohen Nitratwerten einsetzen. Das wird aber durch die Verordnung eher behindert. Die nitratproduzierende Düngerindustrie hat offenbar an der Düngeverordnung mitgeschrieben!

Die Größten werden gefördert und die Kleinen ruiniert. Und das alles unter dem Vorwand des Umweltschutzes. Damit wird auch die Masse der Bevölkerung getäuscht und den Bauern wird pauschal der "schwarze Peter" zugeschoben. Damit muss Schluss sein!

Agrarplattform im Internationalistischen Bündnis stärken!

Gesunde und preiswerte Nahrungsmittel für die Bevölkerung, Erzeugerpreise, die die Produktions- und Investitionskosten decken, nachhaltige Landschaftspflege - dafür steht die Agrarplattform im Internationalistischen Bündnis. Sie wurde vor einem Jahr von einigen Milchbauern aus Brandenburg, der Eifel und vom Niederrhein aus der Taufe gehoben und versteht sich als kämpferische Richtung unter den Klein- und Mittelbauern.

Ihr Grundgedanke: Nur im Zusammenschluss aller kleinen und mittleren Bauern bzw. Nahrungsmittelerzeuger - sowohl in der Viehhaltung, im Acker-, Gemüse- und Weinanbau bis hin zu den Imkern - mit der Arbeiter-, Jugend-, Frauen- und Umweltbewegung kann eine starke Gegenkraft gegen die zerstörerische Agrarpolitik von EU und Regierung entstehen.

Gemeinsam mit dem Internationalistischen Bündnis kämpft die Agrarplattform gegen die Rechtsentwicklung der Regierung und bürgerlichen Parteien. Sie tritt auch für den internationalen Zusammenschluss ein, zum Beispiel auf Weltbauernkonferenzen. Heute geht es vor allem darum, weitere Unterstützer zu gewinnen und die Argumente und Forderungen der Agrarplattform breit bekanntzumachen.  

Dringend nötig sind unter anderem folgende Sofortmaßnahmen:

  • Einführung von Tier-Obergrenzen pro Betrieb und Fläche! Förderung von kleinen und mittleren Betrieben bei Neu- und Umbau bestehender Ställe!
  • Höhere Erzeugerpreise auf Kosten der Handels-und Nahrungsmittelkonzerne. Erzeugerpreise unter den Produktionskosten müssen unterbunden werden!
  • Förderung der Weidehaltung bei Rindern über Mindestpreise (mindestens 50 Cent je Liter Milch)
  • Förderung des Anbaues von Hülsenfrüchten, wie Erbsen, Ackerbohnen, Lupinen usw.! Verbot von Sojaimporten aus Regionen, in denen dafür der Regenwald gerodet und flächendeckend Glyphosat eingesetzt wird!
  • Verpflichtende Kennzeichnung aller Lebensmittel, der Herkunft, der Inhaltstoffe und der Produktionsbedingungen!
  • Förderung umweltschonender Anbaumethoden und artgerechter Tierhaltung!